KS Karkonosze: Volle Ränge beim Auftakt gegen Sleza Wroclaw

Endlich wieder Viertligafußball in der niederschlesischen 80.000-Einwohnerstadt Jelenia Góra (Hirschberg)! Seit Menschengedenken kickte der KS Karkonosze in der IV Liga (fünfthöchste Spielklasse) und zwischenzeitlich sogar in der sechstklassigen Klasa okregowa. Menschengedenken – das beutet in diesem Fall: So weit das Archiv des bekannten polnischen Fußball-Portals 90minut.pl zurückreicht. 1999/2000 hatte der Verein mit dem Hirsch im Emblem in der III Liga gespielt, Ende der 90er Jahre gab es sogar zwei Spielzeiten in der II Liga. Von 2005 bis 2007 wurde der sportliche Tiefpunkt erreicht. Und der größte Erfolg der Vereinsgeschichte? Lang, lang ist´s her. 1961/62 wurde das Viertelfinale des polnischen Pokalwettbewerbes erreicht. 

PokalZuletzt lief es perfekt. 2013 wurde der (Miejski) Klub Sportowy Karkonosze Jelenia Góra 60 Jahre alt. Die Haupttribüne des in der Nähe des Hauptbahnhofes befindlichen städtischen Stadions wurde neu gebaut und überdacht, im Juni dieses Jahres konnte als Tabellenzweiter der Grupa Dolnoslaska mit einem abschließenden überaus wichtigen 1:0-Sieg bei BKS Bobrzanie Boleslawiec der Aufstieg in trockene Tücher gebracht werden. Ein ansehnlicher mitgereister Fanmob feierte im Gästekäfig euphorisch den Sprung in die Viertklassigkeit. Später in der Dunkelheit wurden auf dem Marktplatz von Jelenia Góra etliche Bengalische Feuer gezündet. „Kar-ko-nosze!“, ertönte es immer wieder laut und brachial.

KSKZweimal war turus.net bisher vor Ort bei einem Heimspiel. Im Juni 2013 musste KS Karkonosze aufgrund der Bauarbeiten im Stadion Miejski noch ins abgelegene Stadion in Cieplice ausweichen. Gerade einmal 100 Fans verloren sich damals beim Spiel gegen Piast Nowa Ruda auf den verkrauteten Rängen. Geschlossen marschierten kurz vor Anpfiff rund 50 Anhänger in eine Ecke und befestigten das Banner mit der Aufschrift „FANATYCY“. Eins war damals bereits klar. Die Anhängerschaft hat überaus kernige Jungs in ihren Reihen. Im April dieses Jahres waren es bereits 300 Zuschauer, die sich auf der nagelneuen Sitzplatztribüne des Stadions Miejski einfanden. Gegen Orkan Szczedrzykowice supporteten rund 40 Fans die 90 Minuten durch, am Ende war das 2:2 eher eine Enttäuschung. Allerdings war in Sachen Aufstieg noch alles offen und die Fans schaute optimistisch auf die kommenden Spiele.

KSKNachdem der Aufstieg gepackt wurde, machten Klub und Fans ordentlich mobil. Zum Auftaktspiel gegen Sleza Wroclaw sollte eine ordentliche Kulisse der Mannschaft zeigen, was der Stadt die Teilnahme in der polnischen III Liga bedeutet. Mit Erfolg, die Fans strömten aus allen Ecken der Stadt in kleinen Gruppen in Richtung Stadion. Am Eingang hatte die Polizei einen Geländewagen mit aufgebauter High-tech-Kamera geparkt. Zwei Drittel der Sitzplatztribüne wurden geöffnet, der Rest des Stadion war dieses Mal wegen weiterer Sanierungsarbeiten geschlossen. Gut, dass im April zahlreiche Fotos von der alten maroden Gegengerade angefertigt wurden. An den maroden Mauern ist manch ein Graffiti zurückliegender Zeiten zu sehen. „KSK Hools Squad“, „Bedzie jest i biła – Hools Squad Karkonoska siła“ (Sie hat geschlagen und wird schlagen – die Hool-Truppe von Karkonosze) sowie „Biało niebieska Armia" (die weiß-blaue Armee). In Kombination mit den alten Sitzbänken und dem kleinen alten Zugangstunnel der Gegengerade stimmt das polnische old-school-Ambiente.

KSK900 zahlende Zuschauer wollten das Viertligaspiel gegen den aus Breslau stammenden Gast 1. KS Sleza sehen. Sehen lassen konnte sich der supportfreudige Fanblock am Rande der gefüllten Sitzplatztribüne. Phasenweise bis zu 100 Fans beteiligten sich aktiv an den Gesang- und Wipp-Einlagen. Während im April gegen Orkan noch die alte lange Zaunfahne mit der Aufschrift „Wladcy Sudetow“ hing, wurden dieses Mal andere, zum Teil neu angefertigte Banner befestigt. Jede Zaunfahne ein echter Hingucker. „Chuligani Ze Starego Miasta“, eine neue Version des „Wladcy Sudetow“ mit Wappen und Rittern, ein blau-weißes Banner aus Cieplice (das einst eigenständig war und nun zur Stadt Jelenia Góra gehört) sowie ein schwarzes Banner mit der Aufschrift „Good night left side“ der Skinheads Jelenia Góra. Keine Frage, aus deutscher Sicht erscheint letzteres wegen des aufgedruckten Kapuzenträgers nach Art des Ku-Klux-Klans sehr grenzwertig.

KSK18 Uhr. Der Anstoß erfolgte. Während es tagsüber drückend heiß war, gab es nun eine kühle erfrischende Brise. Eine düstere Gewitterfront zog heran, machte jedoch einen Bogen um Jelenia Góra und verfing sich stattdessen in den Hängen des nahen Riesengebirges. Die Mannschaft legte recht ordentlich los und kam nach einer halben Stunde zu einer prima Möglichkeit, doch der Freistoß wurde vom Sleza-Keeper am Gehäuse vorbeigelenkt. Das Spiel konnte sich sehen lassen, doch ganz klar war erkennbar, dass KS Karkonosze sich erst noch einspielen muss und anfangs gewiss eine Menge Lehrgeld zahlen muss. So wurde ein Sleza-Spieler in der 62. Minute im eigenen Strafraum ungeschickt zu Fall gebracht. Den fälligen Strafstoß verwandelte Rajter sicher rechts unten.

In der Folgezeit drängten die Gastgeber, angetrieben von den phasenweise oberkörperfreien Fans, zum Ausgleich, doch fehlte vorn die Durchschlagskraft, um das 1:1 erzielen zu können. Es blieb beim 0:1. Gefeiert wurde die Karkonosze-Mannschaft trotzdem. Alles kein Beinbruch, weiter geht’s am kommenden Wochenende mit dem Auswärtsspiel bei Piast Zmigród. In der Woche darauf folgt das Heimspiel gegen Foto-Higiena Gac. Mal schauen, ob der gute Zuschauerzuspruch auch weiterhin anhält.

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Fußball in Polen

> ein Video auf der turus-FB-Seite

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
14 August 2014
Spielergebnis:
0:1
Zuschauerzahl:
900
Gästefans
0

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3 Kommentare
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G
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Schaut Rübezahl dort auch vorbei?
J
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G
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