Nachbetrachtung des Karten-Skandals: Der F.C. Hansa Rostock zu Gast in Kiel

MB Updated 12 August 2014
Nachbetrachtung des Karten-Skandals: Der F.C. Hansa Rostock zu Gast in Kiel

Nach dem schon fast ungewohnt guten Start mit vier Punkten aus zwei Spielen führte der Weg des F.C. Hansa Rostock am dritten Spieltag der noch jungen Saison nach Kiel. Mit dem KSV Holstein wartete dort ein in allen Belangen eher unauffälliger Gegner. Aber halt! Unauffällig? Diese Beschreibung passt vielleicht im Normalfall, aber nicht in Bezug auf das Spiel vom letzten Mittwoch. Die Aussagen eines Verantwortlichen des Vereins sorgten im Vorfeld deutschlandweit nicht nur für Gesprächsstoff, sondern teilweise auch für Entsetzen. Nach dem Motto "Ostdeutsche sind ja generell gewaltbereiter" wurde mal eben per Ausweiskontrolle entschieden, wer das Spiel sehen darf und wer nicht. Am härtesten traf man mit dieser Maßnahme, die eigentlich Hansa-Fans aus dem Heimbereich fernhalten sollte, die eigenen Anhänger. So wurden dann eben auch langjährige Mitglieder von Holstein Kiel, die leider nicht zum Kreis der Auserwählten mit westdeutschem Geburtsort gehörten, beim Kartenkauf teilweise eiskalt abgewiesen. Nicht selten lautete die Begründung einfach nur: "Keine Karten für Ostdeutsche".

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Das muss man sich mal überlegen: Die ganze Gesellschaft - vom Politiker über den Lehrer bis hin zu den Fanszenen und Fanprojekten - versuchen das Ost-West-Denken aus den Köpfen der jungen Leute zu bekommen und dann kommt ein Verein, der in dieser Hinsicht auch einen gewissen Auftrag haben sollte, mit so einer Aktion daher. Auch die Ausrede, dass diese Worte niemals so gefallen sind, macht die ganze Aktion da nicht wirklich besser und zurecht wurde sich auf diversen Wegen dafür eingesetzt, dass diese Art und Weise der Kartenvergabe der breiten Öffentlichkeit mitgeteilt wurde. Egal, ob das oben angegebene Zitat jemals so gefallen ist oder nicht, die Absicht, die hinter dieser Aktion steckt, wird damit auf jeden Fall klar.

Für den Gästeblock gab es auf jeden Fall keine Vorgaben hinsichtlich Wohnort, Geburtsort, Größe, Geschlecht usw. - und so fanden letztendlich knapp über 2.000 Hansa-Fans den Weg ins Holstein-Stadion. Beide Blöcke im Gästebereich waren schon gut gefüllt, als plötzlich per Flugzeug ein Banner mit dem Logo des neuen Hauptsponsors und dem Schriftzug "Alles für den F.C. Hansa" über dem Stadion kreiste.

HansaDas Klima und vor allem der Boden müssen im Kieler Stadion besonders toll sein. Erzählungen zufolge bedienten sich die Anhänger der Kogge beim letzten Gastspiel in einem menschenleeren Imbisswagen mit Bratwürsten und Bier. Diesmal fiel die Verpflegung etwas gesünder aus und es gab frisch gepflückte Brombeeren als Stadion-Snack.

Pünktlich um 19:00 Uhr ertönte dann auch der Anpfiff und schnell wurde klar, dass es für die Hansa-Mannschaft schwer werden sollte. Die Kieler störten früh und hatten mit Sané einen schnellen Mann vorn drin, der die Rostocker Abwehr, inklusive Jörg Hahnel, immer wieder gehörig unter Druck setzte. Wie bereits im Spiel zuvor gegen Erfurt waren herausgespielte Chancen eher Mangelware und so ging es nach einer sehr schwachen ersten Halbzeit mit 0:0 in die Kabine bzw. in Richtung Bratwurststand (die Beeren waren aufgrund des hohen Andrangs leider schon alle).

Wer jetzt dachte, dass Hansa sich in der Halbzeitpause etwas einfallen lassen würde, wurde enttäuscht. Wieder wurden, wie am Tag zuvor nach trainiert, hohe Bälle nach vorn gespielt. Dort wartete dann zum Beispiel mit David Blacha ein Kopfballungeheuer der Liga, was mit einer Größe von 1,72 Metern auch keine Kunst ist. Auf der anderen Seite machte es Kiel besser und bedankte sich mit dem 1:0 artig für den gefühlt 20. Freistoß beim an diesem Tag schwachen Schiedsrichter. Bei allem Frust über die Leistung des Unparteiischen muss man aber auch erwähnen, dass es absolut nicht sein kann, dass man sich ohne Ende Tore durch Standards einfängt, obwohl man schon drei Leute in der Abwehr stehen hat, die die 2-Meter-Marke überschreiten.

Von Seiten der Rostocker konnte man so etwas wie eine Reaktion erkennen, auch wenn die Offensiv-Aktionen weiter wenig überzeugend waren oder am starken Kieler Schlussmann scheiterten. Eine Situation, die dann aus Rostocker Sicht eigentlich schon geklärt war, führte dann auch noch zum 2:0 für die Gastgeber, was dann auch das Endergebnis darstellte. Kiel beschränkte sich dann lediglich darauf, Zeit von der Uhr zu nehmen und die Rostocker Spieler halfen fleißig mit, indem man sich selbst in der 85. Minute noch in der eigenen Abwehr die Bälle hin und her schob. Bei aller Liebe zu schönem Fußball, aber in so einer Situation kann man zur Not auch mal den schnellsten Weg nach vorne suchen.

KielAuf den Rängen gestaltete sich das Spiel fast schon interessanter. Die Gästekurve begann recht gut und vom Kieler Anhang war bis zum Führungstreffer so gut wie gar nichts zu vernehmen. Mit "Ostdeutschland"-Rufen und "Steht auf, wenn Ihr für Hansa seid", worauf sich in zwei kompletten Blöcken in Heimbereich die Leute erhoben, wurden immer wieder kleine Spitzen in Richtung Holstein bezüglich der Kartenvergabe gesetzt. Auf der Heimseite gab es zu Beginn eine Choreo, die entweder einen politischen Hintergrund hatte oder einfach bei jedem passenden Gegner gezeigt wird. Wie schon einmal gegen Lübeck lautete das Motto: "Piraten statt Hanseaten". Ob das jetzt explizit gegen Hansa gerichtet war oder sich auf die Geschichte der eigenen Stadt bzw. damit zusammenhängende, aktuelle Gespräche bezieht, kann und will ich an der Stelle nicht sagen. Fakt ist nur, dass die Stadt Kiel im Jahr 1283 der Hanse beigetreten war und 250 Jahre später wieder ausgeschlossen wurde, weil sie Piraten Unterschlupf gewährt hatte. Aktuell laufen wohl Gespräche, Kiel wieder in die Hanse aufzunehmen.

Etwas Spezielles hatte das Stadion in Kiel übrigens auch zu bieten. Per SMS konnte man Grüße verschicken, die dann an der Videowand gezeigt wurden. Des Öfteren konnte man dort "AFDFCH", "Auswärtssieg" oder andere Nachrichten von Hansa-Fans lesen.

Als die Sonne sich gerade jenseits des Stadions ins Bett begeben wollte, wurde es plötzlich schneller dunkel als geplant. Das übliche Pfeifkonzert ließ erahnen, was im Block nebenan gerade passierte. Dort spielte sich ein wahres Farbenspiel ab und während dieses so langsam in Richtung Spielfeld zog, schlug die Stunde von Ordnern und Polizei. Einige, noch brennende Gegenstände wurden von den Ordnern aufgesammelt und am Zaun zum Block, also genau an den Fahnen abgelegt. Dazu kam noch eine wohl missverstandene Geste eines Ordners und so wurde es plötzlich unruhig. Aber das passiert halt, wenn man nichts besseres zutun hat, als irgendwelchen Leuten jeden Aufkleber einzeln aus dem Portemonnaie zu sortieren.

Nachdem sich die Situation schon längst beruhigt hatte, bekam auch die übermäßig anwesende Polizei noch ihren Auftritt und brachte noch einmal Unruhe in eine eigentlich schon geklärte Situation. Der Transport zum Parkplatz und Bahnhof lief diesmal deutlich besser als im Dezember und ganz entspannt führte der Weg dann noch am selben Abend zurück. Lediglich ein paar Hansa-Fans aus Kiel mussten wieder leidige Diskussionen mit den anwesenden Beamten führen, bis sie ihres Weges gehen durften.

Nachdem Hansa nun mittlerweile nach dem Spiel gegen Kiel auch das Heimspiel gegen Wiesbaden verloren hat, schauen die Pessimisten schon ganz ängstlich in Richtung Landespokal. Die Optimisten dagegen erhoffen sich, dass dort die nötige Treffsicherheit für die Liga geholt wird. Nach dem Pokal-Wochenende folgt dann das Spiel in Regensburg. Man darf gespannt sein, was sich die Mannschaft in den zwei Wochen bis dahin einfallen lassen wird.

> zur turus-Fotostrecke: F.C. Hansa Rostock

Artikel wurde veröffentlicht am
11 August 2014
Spielergebnis:
2:0
Zuschauerzahl:
9.023
Gästefans
2000

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Benutzer-Kommentare

5 Kommentare
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Kommentare
wie recht du hast
hallo mia,
es ist schön zu lesen dass du deinen Optimismus so streust - deine Analyse ist cool und ehrlich-
nach diesem we und dem Heimspiel kann man es einfach machen - verschwendet eure Energie nicht an diese "Faultiere" - nehmt die Zeitung von vor 2-3-4-5 jahren und kopiert die Stellungnahmen / Kommentare der spieler Trainer Manager usw. immer das gleiche gesülze
- die Fans sind die doofen getreu dem Motto: der Römer -BROT und SPIELE-
einfach peinlich, charakterlos
Zusammenfassung: welcome in Liga 4 und wer möchte ab weihnachten neuer Trainer bei hansa sein - geile art sein Geld zu bekommen ;-)

Mia mach weiter so !
O5
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G
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G
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Wie immer lustig geschrieben. Dank schön!
F
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G
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