Fankritik am HSV-Vorstand nach gewaltsamen Polizeieinsatz

CB Updated 09 Mai 2014
Fankritik am HSV-Vorstand nach gewaltsamen Polizeieinsatz

imageStellungnahmen und Fanarbeit beim HSV: Wie man Probleme nicht löst…! Natürlich stehen die nachfolgenden Zeilen noch unter den Eindrücken des Polizeieinsatzes im Hamburger Volkspark und den zahlreichen Veröffentlichungen, welche an den Tagen danach durch die weite Welt des Internets und der Medien geistern. Der Vorstand des HSV hatte am Dienstag seine Stellungnahmen, sofern man diese so nennen will, veröffentlicht und damit für weiteren Gesprächsstoff gesorgt. Aus Sicht des Vorstandes, war es eben nicht die Polizei, von der Gewalt ausging, sondern „Die Beamten wurden an ihrem Vorgehen gehindert und zum Teil massiv angegriffen“. Schade nur, dass es zahlreiche Videos gibt, die eindeutig das Gegenteil zeigen und das eigentliche Schlimme an dieser Stellungnahme, dass nirgends die Verhältnismäßigkeit eindeutig hinterfragt und scharf kritisiert wird.

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So heißt es nur nüchtern „Nichtsdestotrotz sind wir der Überzeugung, dass das Risiko eines Polizeieinsatzes, in einen vollen Block zu stürmen und Verletzungen auch von Unbeteiligten zu riskieren, zumindest problematisch ist.“ Dass am Ende den zahlreichen Verletzten nicht einmal gute Besserung gewünscht wird, ist traurig. Ebenso traurig, dass der Verein es wieder nicht verstanden hat, wie man mit solchen Situationen umgeht. Hierbei spielt es keine Rolle, ob das gezeigte Banner gegen die Stadionordnung verstößt oder nicht – Der Einsatz steht im keinem Verhältnis dazu.

Dabei hat der Verein eigentlich genau die Vorraussetzungen, solche Situationen im Nachgang im Dialog zu klären. Die Fanbetreuung stammt aus der Fanszene, ebenso wie die Vertreter des HSV-Fanprojekts und des HSV Supporters Club. Nun werden Kritiker fragen, warum haben eben diese Institutionen es nicht geschafft, die Gruppen vom Abhängen der Banner zu überzeugen? Auch dieses hätte man im Nachgang aufnehmen können, aber niemand hätte wohl damit gerechnet, dass es zu so einem Einsatz kommt. Leider wurde genau diese Vorraussetzungen mit Füßen getreten und es wurde deutlich aufgezeigt, dass die genannten Institutionen noch nicht so verankert sind, wie es ihre Arbeit eigentlich erfordert.

Gerade Fanbeauftragte und Fanprojekte sind ein ganz wichtiger Schlüssel für den Dialog zwischen Fans und Polizei. Leider funktioniert dieser Schlüssel aber nicht, wenn Einsatzleiter sich über die Einschätzung hinwegsetzten und wenn Vereine diese gerne mal bevormunden. Welche Rolle sollen eigentlich Fanbeauftragter und Fanprojekte einnehmen? Diese Frage sollten sich Vereine, Polizei und Verbände in Zukunft dringend stellen.

Zwar hat die DFL mit dem „Sicherheitspapier“ die Stellung der Fanbeauftragten auf dem Papier gestärkt, aber schreiben kann man viel, gerade wenn man ein Sicherheitspapier nur deswegen erstellt, weil die Politik es fordert - aber das ist ein anderes Thema. Gerade Fanbeauftrage haben doch eine ganz besondere Rolle und sich eben nicht vergleichbar mit einem normalen Beschäftigungsverhältnis. Sie sollen vermitteln und dafür braucht es mehr Freiheiten als in vielen anderen Beschäftigungsverhältnissen. Als „Wanderer zwischen den Welten“ müssen sie Gesprächspartner auf Augenhöhe sein und dürfen nicht in ein enges Korsett geschnürt werden und nicht mit unerfüllbaren Zielvorgaben auf die Reise geschickt werden. Fanarbeit ist am Ende nun mal etwas, was Zeit und Geduld braucht, und wenn man diese nicht hat, dann bringen auch die besten Konzepte nichts.

Wenn es um die eigenen Fans geht, sind Vereine schnell dabei mit Sanktionen und Strafen, aber eine wirkliche nachhaltige Arbeit findet doch kaum statt. Lieber versucht man der Masse derer gerecht zu werden, die Informationen nur aus dem Boulevard entnehmen, wo schneller von „so genannten Fans“ geschrieben wird, als manch ein Spieler laufen kann. Nein, man lässt sich lieber treiben und anstatt eine Fanszene zu erziehen, verprellt man diese lieber mit irgendwelchen Stellungnahmen, die am Ende nichts zu Lösung des Problems beitragen. Ganz im Gegenteil!

Hier sollte man auch die gesellschaftliche Verantwortung der Vereine, die sie ja selber immer so gerne betonen, einfordern. Der Fußball ist ein Querschnitt der Gesellschaft und Vereine, nicht nur die, die Profisport betreiben, stehen in der Verantwortung die Gesellschaft ein Stück weit mit zu erziehen und dieser Verantwortung wird man mit undifferenzierten Stellungnahmen kaum gerecht!

Und zuletzt das Stichwort Politik: Auch die Politik ist hier gefragt und sollte endlich mal deutlich machen, dass man die Reputation des Fußballs nicht nur im Wahlkampf nutzt, sondern endlich auch mal eine Exekutive formen, die selbstkritisch ist. Oder reichen Stuttgart 21, die Loveparade oder die Einsätze in Gelsekirchen, Hannover und jetzt Hamburg nicht als Anstoß zum Umdenken?

zum Artikel: > Polizeieinsatz beim Hamburger SV gegen Bayern München

Zum Autor:
Christian Bieberstein, das Licht der Welt 1984 in Berlin erblickt und aufgewachsen im Speckgürtel von Hamburg. Leidenschaftlicher Anhänger des Hamburger Sport-Verein e.V. Seit mehreren Jahren ehrenamtlich in der Abteilungsleitung des HSV Supporters Club, Sprecher der IG „Unsere Kurve“ und ehemals im Vorstand von FSE „Football Supporters Europe“ aktiv. Christian betont ausdrücklich, dass er hier als Einzelperson schreibt und nicht im Namen der genannten Organisationen.
Interessiert am runden Leder und gleichzeitig auch an der gesellschaftlichen Entwicklung, die vor den Toren der Stadien keinen Halt macht. Zählt sich eher zu den Traditionalisten, die davon träumen, dass der Fußball nicht auch noch sein letztes Hemd verkauft und vermarktet. In der Berufswelt, ganz hanseatisch, bringt er kleine – oder auch große – Stahlbüchsen rund um die Welt und transportiert alles, was man bewegen kann.

Alle Fotos: Chosen Few Hamburg 1999

Inhalt über Klub(s):
Artikel wurde veröffentlicht am
09 Mai 2014

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