5 Jahre danach: Fast leere Ränge bei Mieszko Mieszkowice vs. Osadnik Mysliborz

M 04 Oktober 2013
Leere Ränge

VermummtFußball in der Grenzregion. Unweit des Grenzübergangs Hohenwutzen befindet sich der Ort Mieszkowice (Bärwalde) mit seinem Fußballverein KS „Mieszko“. Der Pokal bedeutet für fast alle kleinen Vereine, dass sie dieses Problem möglichst schnell hinter sich bringen müssen. Dadurch kommt es häufig zu merkwürdigen Ergebnissen und zu Rückzügen von starken Mannschaften aus dem Wettbewerb. Unter der Woche ist es für Vereine schwierig im Herbst schon bei 16:15-Uhr-Spielen anzutreten. Mit jeder erreichten Runde steigen die Ausgaben und am Ende wartet sowieso immer ein harter Brocken. Also ist der Pokal eigentlich immer eine sinnlose Veranstaltung. 

PyroAusnahmen bilden die Situationen, in denen verfeindete Klubs aufgrund der Getrenntheit durch unterschiedliche Ligen endlich mal wieder die Chance bekommen, die Kräfte zu messen – sowohl auf als auch neben dem Platz. Vor fünf Jahren ging es in der südlichen Westpommernregion noch heiß her. Die Höhepunkte bildeten die Ausschreitungen bei Mysliborz vs. Debno und Mieszkowice vs. Mysliborz (2008 mit großer Randale, 2007 sogar mit Spielabbruch). Während sich Mysliborz noch halten konnte, gingen die Fan-Aktivitäten bei den lokalen Vereinen in Debno und Mieszkowice gegen Null. Bei brisanten Duellen gab es danach Teilausschlüsse oder man spielte komplett ohne Zuschauer.

PolizeiNun fünf Jahre nach der wilden Zeit konnte der Verband mal wieder ein Duell zwischen Mieszko Mieszkowice und Osadnik Mysliborz zulassen. Das Wetter war bestens und so blieb auch noch Zeit für eine kleine Besichtigung der Stadt. Die gut erhaltene Stadtmauer und der Pulverturm sind hier neben der Statue Mieszko’s dem Ersten (der erste polnische Herzog) die Highlights in dieser 4000-Einwohner-Stadt. Eine Stunde vor Anstoß checkt die Polizei schon die Lage. Es ist ja immer möglich, dass sich doch noch Horden zusammenrotten. Aber in diesem Fall war es doch eher unwahrscheinlich. Bevor es im November wieder trist und grau wird, kommen ja davor meistens auch noch mal ein paar Sonnenstrahlen hervor. Die Blätter färben sich, der ein oder andere verbrennt seine Gartenabfälle und der Wind weht einem den Qualm davon in die Nase. Eine gemütliche und idyllische Herbstatmosphäre war das hier heut – fernab der Großstadthektik.

PolenFast pünktlich kommen die Spieler auf das Feld. Die Favoritenrolle wird eindeutig Osadnik zugesprochen, da sie in der sechsten Liga vorn mit dabei sind. Mieszko spielt in Liga sieben auch noch oben mit. Der Pokal hat ja hier bekanntlich seine eigenen Gesetze und so geht Mieszko durch einen kuriosen Lupfer in Führung. Zur Pause steht es 2:1. Catering gibt es nicht (was nicht stört), dem Tante-Emma-Laden waren die gesalzenen Sonnenblumenkerne ausgegangen und so gab es einen Tankstellen-Hot-Dog zum Abendbrot. Bei Rückkehr dann leichte Verwunderung: die Spieler verzichteten auf die komplette Pause und standen nach fünf Minuten wieder auf dem Platz; im Fanblock hing nun eine Tylko-Mieszko-Fahne nebst zweier Personen. Später wurden es dann sogar noch vier. Ab und an stellen sich hier wohl doch noch ein paar Fans zusammen. Eine Aktivität belegten die zahlreichen Papierschnipsel.

MieszkoZu besten Zeiten gab es hier ca. 30 Leute, die sich hinter eine GrizzlyFans-Fahne stellten und einen Block von ca. 100 Fans organisierten. Ihre Freunde kamen vom Verein Dab Debno und waren unter dem Namen Zielona Armia (Grüne Armee) bekannt. Nachdem 2007 Osadnik der Auslöser für den Spielabbruch war, legte 2008 Mieszkowice nach. Die Stimmung war damals sehr angespannt. Ein Bus aus Mysliborz kündigte sich an und stellte sich dann im Stadion als kunterbunter Mix aus Osadnik Mysliborz, Sarmata Dobra und Sokol Pyrzyce dar. In der zweiten Hälfte wagte Mieszko trotz des großen Polizeiaufgebots einen Ausflug über den Rasen. Danach waren nur noch Unruhe und Angriffsversuche angesagt, in dessen Resultat dann einige Fans verhaftet wurden, auf umliegende Polizeireviere verteilt wurden und hohe Geldstrafen zu zahlen hatten. Danach war es nie mehr so wie vorher.

Heute endet das Spiel wieder unentschieden und muss in die Verlängerung, wo sich Osadnik durchsetzt. Ein paar Spieler geraten aneinander und müssen durch ihre Trainer getrennt werden. Zwar nicht mehr auf den Rängen, aber dennoch noch auf dem Platz – das alte Feuer lodert weiter.

Fotos: Michael

Zur turus-Fotostrecke: Fußball in Polen

Spielergebnis:
4:6
Zuschauerzahl:
50
Gästefans
0

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