Der Stern ging auf. Genauer gesagt der „Stern von Vergina“. Noch korrekter ausgedrückt: Das gelbe sechszehnstrahlige Sonnensymbol auf rotem Grund. Neben der aktuellen mazedonischen Flagge hing am gestrigen Abend wieder die umstrittene von 1992 bis 1995 genutzte Flagge. Vor Spielbeginn posierten noch vier Alba-Fans mit rot-gelber Kampfausrüstung hinter den beiden am Geländer befestigten Fahnen. Alles zu Ehren des mazedonischen Shooting Guards Vojdan Stojanovski im Trikot der Albatrosse. So weit, so gut. Würde wahrscheinlich auch niemanden interessieren, wenn es nicht vor kurzer Zeit aufgrund genau dieses Sterns von Vergina in der Nordkurve des FC Schalke 04 beim Duell gegen PAOK Saloniki einen verheerenden Polizeieinsatz gegeben hätte. Die Flagge sollte weg, Polizeibeamte bahnten sich mit Knüppel und Pfefferspray ohne Rücksicht auf Verluste den Weg.
Eurocup: Radnicki Kragujevac verspielt bei Alba Berlin das Weiterkommen
Gestern zu Gast in der Berliner o2 World: Das serbische Basketballteam Radnicki Kragujevac. Mehr Serbien ging nicht. Kein international bestücktes Team, sondern eine Mannschaft, die derzeit nur aus serbischen Spielern besteht. Man stelle sich mal vor, die Gäste hätten sich aufgrund der nicht zu übersehenen mazedonischen Flaggen provoziert gefühlt. Keine Frage, man hätte höchstwahrscheinlich nur müde gelächelt. Die Flaggen hängen doch immer dort. Glücklicherweise gab es keine Diskussionen und keinen brutalen Einsatz der Ordner oder der polizeilichen Einsatzkräfte. Davon ganz abgesehen gab es auch keinen Gästebereich mit serbischen Basketballfans, die ganz fix den Siedepunkt erreichen und schon mal den Oberkörper freilegen. Einige Serben waren vor Ort, doch saßen sie im weiten Rund verteilt. Unter anderen am oberen Rand des Familienblocks. Die lautesten Gästefans waren oben in einer Loge zu finden, von dort aus machten kernige Männer mit Serbien-Flagge schon mal Stimmung, als Radnicki Kragujevac kurzzeitig verdammt dich ran kam.
Ohne Zweifel hatte Alba Berlin während der letzten beiden Jahrzehnte bereits richtige viele Europokal-Auftritte hingelegt, doch zu Duellen mit serbischen Teams kam es kurioserweise sehr selten. 2010/11 kreuzte Alba Berlin mit Hemofarm Vrsac die Klingen. Denkbar knapp konnte sich Alba in der Euroleague-Qualifikation gegen Vrsac durchsetzen. Julius Jenkins versenkte damals im letzten Augenblick einen Dreier und sicherte somit das Weiterkommen. Radnicki Kragujevac wurde 1994 ebenfalls in Vrsac gegründet, zog dann jedoch 2009 – sicherlich aufgrund der starken Konkurrenz in der eigenen Stadt – in die viertgrößte Stadt Serbiens (südöstlich von Belgrad) um.
Radnicki Kragujevac spielt in der 2001 ins Leben gerufenen Adria-Liga, in der Jugoslawien auf sportlicher Ebene ein Stück weit fortbesteht. Neben Radnicki Kragujevac sind in der aus 14 Teams bestehenden Liga unter anderen Roter Stern Belgrad, Cedevita Zagreb, Partizan Belgrad, Cibona Zagreb, Buducnost Podgorica, MZT Skopje, Olimpia Ljubljana und Igokea Aleksandrovac vertreten. KK Radnicki hatte in der zurückliegenden Saison Rang vier erkämpft, in der laufenden Spielzeit ist Platz 10 der Stand der Dinge.
Im Eurocup 2013/14 ging es am Mittwochabend für Radnicki Kragujevac um alles oder nichts. Alba Berlin war bereits vor der Partie qualifiziert, die Serben mussten in jedem Fall gewinnen, um in das Achtelfinale einzuziehen. Geschenkt wurde nichts, so viel war klar. Sogleich mit einem Dreier ging Alba in die Partie. Nach der Bundesliga-Niederlage in Hagen und der ersten EC-Niederlage in Straßburg sollte nun wieder ein Sieg her, um Selbstvertrauen für kommende Aufgaben zu schöpfen. Gesagt, getan. Vor über 7.000 Zuschauern gingen die Albatrosse motiviert zu Werke und legten bereits im ersten Viertel den Grundstein für den Erfolg. Die Gäste versuchten sich häufig von der Dreierlinie, die Hausherren wirkten dagegen spritziger. Gutes Beispiel sogleich in der Anfangsphase: Clifford Hammonds nahm den Gästen während ihres Angriffsspiels den Ball ab und stopfte ihn zum 13:9 ins Körbchen. Allerdings ließen die Serben die Berliner nicht davonziehen, mit 21:18 ging es ins zweite Viertel. In diesem spielte Alba die volle Routine aus, Kragujevac schien ein wenig von der Rolle. Mit 46:33 schlossen die Berliner das zweite Viertel ab.
Es wurde allerdings noch einmal spannend. Im dritten Viertel kamen die Gäste auf 59:65 heran und im letzten Viertel gelang es den Serben bis auf zwei Pünktchen heranzukommen. Bodenkämpfe um den Ball, die anwesenden Gästefans machten sich an den verschiedenen Ecken der Arena bemerkbar. Doch statt der zu witternden Morgenluft ging den Gästen am Ende ein wenig die Luft aus. Alba brachte wieder Ruhe ins Spiel und ließ sich von der aggressiven Spielweise der Gäste nicht beirren. Alba zog auf 82:69 davon und der Drops war gelutscht. Am Ende konnten die Jungs aus Kragujevac nur noch Ergebniskorrektur leisten. 92:83 der Stand beim Ertönen der Schlusssirene. Freuen durfte sich der ukrainische Vertreter Khimik Juschny, der nach dem 74:63 gegen SIG Strasbourg ebenfalls ins Achtelfinale einziehen konnte. Kommender Gegner der Berliner im Eurocup ist der italienische Vertreter Dinamo Basket Sassari (Sardinien).
Fotos: Mario Stiehl
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