Derby ohne Derbycharakter. Paris FC vs. US Créteil

MD Updated

Gerade einmal zehn Kilometer Luftlinie bzw. 38 Metrominuten liegen zwischen dem Stade Duvauchelle der US Créteil-Lusitanos und der Spielstätte des Paris FC, dem Stade Charléty. Das Aufeinandertreffen der beiden Klubs anlässlich des 19. Spieltags des Championnat de France National (3. Liga) konnte daher getrost als Derby bezeichnet werden. Die Internetpräsenz foot-national.com sprach sogar von einem 'Derby der Hoffnung' anlässlich der miserablen Auftritte des PFC in den vergangenen Wochen. Dementsprechend groß waren die Erwartungen vor dem Spiel – welch großer Fehler!

Gerade einmal zehn Kilometer Luftlinie bzw. 38 Metrominuten liegen zwischen dem Stade Duvauchelle der US Créteil-Lusitanos und der Spielstätte des Paris FC, dem Stade Charléty. Das Aufeinandertreffen der beiden Klubs anlässlich des 19. Spieltags des Championnat de France National (3. Liga) konnte daher getrost als Derby bezeichnet werden. Die Internetpräsenz foot-national.com sprach sogar von einem 'Derby der Hoffnung' anlässlich der miserablen Auftritte des PFC in den vergangenen Wochen. Dementsprechend groß waren die Erwartungen vor dem Spiel – welch großer Fehler!

Zwar erzeugte die vor dem Spiel aus den Lautsprechern schallende Vangelis-Hymne „Conquest of Paradise“ so etwas wie Gänsehaut-Atmosphäre. Allerdings verpuffte diese sehr schnell beim Blick auf die Ränge. Lediglich 621 Fußballfans verirrten sich bei etwa vier Grad Celsius in die bis zu 25.000 Zuschauer fassende Arena. Nicht umsonst rangiert der Paris FC in der Zuschauertabelle abgeschlagen auf dem letzten Platz.

Dabei verdient das Stade Charléty mit seiner teils geschwungenen, teils geraden Dachkonstruktion durchaus das Prädikat „ansehnlich“. Eröffnet 1939, dient es dem Paris FC seit 2007 als Austragungsstätte seiner Heimspiele. Richtig voll wird es hier allerdings nur, wenn sich das Rugby-Team des Stade Français die Ehre gibt. Und auch beim Public Viewing während der Weltmeisterschaft 2006 strömten weitaus mehr Zuschauer in das Stadion als an diesem Samstagabend.

Am meisten erstaunte aber de Tatsache, dass der Gästeblock mindestens drei Mal besser besucht war als jener Bereich, in dem die PFC-Fans versuchten für Stimmung zu sorgen. Der Anblick der Heim-„Kurve“ verdeutlichte warum der Paris FC als so etwas wie die Stiefschwester des großen Paris Saint-Germain gilt. Dabei ging der PSG einst unter anderem aus dem Paris FC hervor. Zwei Jahre nach der Fusion des PFC mit Stade Saint-Germain im Jahre 1970 und der damit vollzogenen Gründung des Paris Saint-Germain FC spaltete sich der Paris FC jedoch wieder ab. Seither gehen beide Vereine getrennte Wege – mit denkbar unterschiedlichem Erfolg.

Ein kümmerliches Bild auf den Rängen also. Nun musste das Match für Entschädigung sorgen. Doch auch auf dem Rasen ereignete sich zunächst ein Trauerspiel. Weder der Gastgeber noch der haushohe Favorit aus Créteil vermochte dem Spiel seinen Stempel aufzudrücken. Torchancen waren die Ausnahme, Fehler im Spielaufbau die Regel. Offenbar war beiden Teams daran gelegen, die dreiwöchige Winterpause um weitere 90 Minuten zu verlängern. Da die wenigen Fans im Stade Charlety einen ebenso müden Eindruck machten wie die Akteure auf dem Spielfeld, blieb auch der oft zitierte Funke aus, der in solchen Fällen von der Tribüne auf den Rasen überspringen sollte. Unter einem Derby stellt man sich eigentlich etwas anderes vor.

Als sich der Großteil des Publikums bereits mit einem 0:0-Halbzeitstand abgefunden hatte und seinen Pausentee im modernen Stadion-Inneren genoss, passierte dann das nicht mehr für möglich Gehaltene. Nachdem PFC-Keeper Sopalski in der 45. Minute einen Distanzschuss nur nach vorn abwehren konnte, stand der Portugiese Pedro Oliviera goldrichtig und netzte zum 0:1 ein. Bei diesem Spielstand ging es auch in die Pause.

Die Hoffnung, die Mannschaften würden die Zeit in den Kabinen zum Sammeln ihrer Kräfte genutzt haben, zerplatzte bereits Minuten nach Wiederanpfiff wie eine Seifenblase. Es bot sich beinahe das selbe Bild wie in Durchgang eins, bis auf die Ausnahme, dass Créteil hin und wieder durch schnelle Konter für einen Anflug von Gefahr sorgen konnte.

Zumindest bei den Gäste-Fans schien der Seitenwechsel etwas bewirkt zu haben. Mit geölter Stimme trieben die Ultragruppierungen „Urban Devils“ und „Kop Banlieu“ ihr Team in den zweiten 45 Minuten nach vorn. Aus dem PFC-Block war dagegen nichts mehr zu hören. Ein Böller und ein geworfenes Bengalo wirkten eher wie ein Hilfeschrei angesichts der Unterlegenheit im eigenen Zuhause.

Den Beweis, dass die besagten äußeren Umstände das Spielgeschehen beeinflussen können, trat die US Créteil nach 75 gespielten Minuten an. Nach einem schönen Eckball von rechts nickte Ibrahima Seck zum 0:2 ein und brachte damit die Vorentscheidung. In der Gästekurve fielen nun alle Hemmungen – und Hüllen! Mit freiem Oberkörper verlangte der Créteil-Anhang jetzt nach einem verspäteten Weihnachtsgeschenk. „Allez Créteil, pour les supporteurs!“ schmetterte es aus ihren Reihen. Und sie wurden erhört. Sieben Minuten nach dem zweiten Treffer des Spiels war es Jean-Michel Lesage, der mit einem abgefälschten Schuss aus der zweiten Reihe den 0:3-Endstand besorgte.

Unterm Strich ein gerechter Sieg für den Tabellenführer aus Créteil, der zwar um ein Tor zu hoch ausfiel, aber deutlich machte, dass der akut abstiegsbedrohte Paris FC viel zu wenig investierte. Während die US Créteil Lusitanos auf die Heimniederlage gegen Colmar (turus.net berichtete) mit dem dritten Sieg in Folge antwortete und mit Siebenmeilenstiefeln Richtung Zweitklassigkeit marschiert, muss der PFC aufpassen, nicht vollends unter die Räder der Konkurrenz zu geraten. Seit mittlerweile sieben Spielen wartet das Team von Trainer Alexandre Monier auf einen Dreier. Der Abstand auf den rettenden 14. Rang beträgt nunmehr 8 Zähler.    

Um das Ziel Klassenerhalt zu verwirklichen, müssen die Marineblauen, bei denen Ex-Nationaltrainer Jacques Santini seit dieser Woche als Manager Général für frischen Wind sorgt, also möglichst schnell das Ruder herumreißen. Ansonsten wird es sogar schwer, das Stiefschwester-Image aufrecht zu erhalten.

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