Große Besorgnis: Geht der F.C. Hansa Rostock die Warnow runter?

MB Updated

Rostock sagt jaKeine Frage, die Warnow ist kein Bach. So viel steht mal fest. Allerdings sind sich zahlreiche Fußballfreunde an der Küste nicht mehr sicher, ob ihr geliebter FC Hansa Rostock nicht doch komplett den Bach runter geht. Aus diesem guten Grund hatten erst kürzlich besorgte Fans, Unterstützer und Mitglieder in tiefer Sorge einen offenen Brief an sämtliche Mitglieder, Mitarbeiter, Fans, Sponsoren, Unterstützer und Sympathisanten des FC Hansa Rostock verfasst und über das Netz verbreitet. Da in der Tat die Kogge weiterhin in bedrohlicher Schieflage zu sein scheint, folgend ein paar zusammengefasste Worte zur Lage beim Traditionsverein, der einst als Bundesligist in der Region Nordost wacker das Fähnchen hochgehalten hatte.

Hansa RostockSolide. So konnte man einst die Arbeit beim FC Hansa Rostock bezeichnen. Mit vergleichsweise geringen Mitteln wurde dort das Wunder geschafft, den FC Hansa von der Saison 1995/96 bis zur Saison 2004/05 nonstop in der 1. Bundesliga zu halten. Der FC Hansa als Leuchtturm des Ostens. Während die SG Dynamo Dresden zwischenzeitlich sogar in der Oberliga NOFV-Süd versunken war, schipperten die Rostocker munter von Bremen bis nach München und von Leverkusen bis nach Frankfurt. Gewiss waren einige sportliche Wunder nötig, um die Klasse zu halten, doch nicht zuletzt Dank der immensen Unterstützung von Seiten der Fans gelang es jahrelang das Ruder der Kogge gerade zu halten.

30 Punkte am Ende der Spielzeit 2004/05 waren dann allerdings zu wenig. Der Gang in die 2. Bundesliga stand bevor. Immerhin: Es schien, als sei der Abstieg nur ein Betriebsunfall gewesen, denn nach zwei Jahren konnte 2007 wieder der Aufstieg in das Fußballoberhaus gefeiert werden. Mit wiederum 30 Punkten auf dem Konto ging es ein Jahr später direkt wieder abwärts. Statt wieder oben mitzuspielen, dümpelte der FC Hansa in der 2. Bundesliga unten herum. Platz 16 am Ende der Saison 2009/10 bedeutete die Relegation gegen den FC Ingolstadt 04. Die folgenden beiden Spiele wurden verloren – der FC Hansa Rostock war erstmals in der Vereinsgeschichte drittklassig.

DKB ArenaNoch einmal konnte das Ruder herumgerissen werden. Gemeinsam mit der SG Dynamo Dresden durfte am Ende der Drittligasaison 2011/12 noch einmal mächtig gejubelt werden. Während Dresden der Aufstieg über die Relegation gelang, meisterte Rostock diesen mit dem zweiten Platz auf dem direkten Wege. In der darauffolgenden Saison kam es dann knüppeldick. Mit gerade einmal 27 Pünktchen fanden sich die Rostocker auf dem letzten Tabellenplatz wieder. Hinzu kam, dass das finanzielle Aus drohte. Dank eines von der Rostocker Bürgerschaft zugestimmten Maßnahmepakets konnte die drohende Insolvenz vorerst verhindert werden.

Hansa RostockDer Stand der Dinge. Nur zwei Siege konnten in den bisherigen acht Partien eingefahren werden. Mit neun Punkten befindet sich der FC Hansa auf Rang 14, nur drei Punkte vor dem SV Darmstadt 98, welcher derzeit die Abstiegszone markiert. Zuletzt gab es ein mageres 1:1 gegen den ebenfalls unten befindlichen SV Wehen-Wiesbaden. Gerade einmal 6.300 Zuschauer wollten dieses Drittligaspiel sehen. Ein trauriger Tiefpunkt in der Vereinsgeschichte. Gegen den Chemnitzer FC waren es am 12. August noch 11.800 Zuschauer, die sich in der DKB-Arena (einst Ostseestadion) eingefunden hatten. Früher hätte dieses Duell allerdings locker 15.000 Fans angezogen.

Die weiteren Zahlen: Gegen den SV Babelsberg 03 kamen 10.200 Zuschauer, am ersten Spieltag waren es gegen die Stuttgarter Kickers noch 13.700 Zuschauer. Dass etwas ernsthaft im Argen liegt, wurde beim DFB-Pokalspiel am 19. August deutlich. Der 1. FC Kaiserslautern war zu Gast und gerade einmal 7.700 Zuschauer verloren sich auf den Rängen. Ein Großteil der Rostocker Fans hatte dieses Spiel boykottiert.

FlutlichtKeine Überraschung also, dass es nun diesen offenen Brief gibt. Mit tiefer Sorge und steigendem Befremden sehen die Verfasser dieses Briefes den Leidensweg des FCH sowie die wachsende Bedrängnis im sportlichen, finanziellen und infrastrukturellen Bereich. Ununterbrochen drehe sich die Abwärtsspirale. In den vergangenen sieben Jahren haben zehn Trainer und vier Vereinsvorsitzende versucht, die negative Entwicklung zu stoppen. Wie die Verfasser des Briefes mitteilen, drohte der FC Hansa in jüngster Zeit wieder einmal, im Postenchaos zu versinken und verkomme mittlerweile zum Bittsteller an die öffentliche Hand.

Zwar sei nunmehr mit dem Wechsel der Person des Cheftrainers in den Augen vieler Anhänger ein richtiger und längst überfälliger Schritt getan worden, jedoch müsse dieser aus dem vorhandenen Potential schöpfen und das Ziel könne derzeit nur lauten, das Beste aus dem wenig überzeugenden Saisonstart zu machen.Eine ehrliche Analyse der Rückrunde der letzten Saison hätte aber nicht dazu führen dürfen, mit der bis dahin gezeigten Spielkultur einen Neuanfang zu wagen. Diese setze sich nunmehr nahezu nahtlos in den ersten Spieltagen der neuen Saison fort, obwohl vom Vorstandsvorsitzenden der sofortige Wiederaufstieg als Saisonziel formuliert wurde. 

FCHStatt die Euphorie und den positiven Schwung der Kampagne "Ja zum FCH" mit in die neue Saison und einen echten, auf breiter Ebene angelegten neuen Anlauf zu nehmen, wurde die wenig erfolgreiche Tendenz der letzten Saison über den 30. Juni 2012 hinaus in der Position des Cheftrainers zementiert, so die Verfasser des offenen Briefes. Bereits zu jenem Zeitpunkt hätte ein Schlussstrich gezogen werden müssen, zumal der jetzt vorgestellte neue Cheftrainer bereits zu diesem Zeitpunkt verfügbar war. Eine Chance zur Mitnahme der Aufbruchstimmung und der positiven Motivation im Umfeld des FC Hansa am Ende der letzten Saison ließ man in den Augen der besorgten Fans ungenutzt verpuffen.

Kritik übten die Verfasser des offenen Briefes zudem an den ehemaligen Trainer und den Vorstandvorsitzenden, weil sie den vertragslosen Spieler Tobias Jänicke haben ziehen lassen, obwohl dieser bereit war, weiter für den FCH zu spielen. Nicht finanzielle, sondern sportliche Gründe waren ausschlaggebend dafür, dass Jänicke gehen musste. Um so erstaunlicher, dass dieser nun bei einem Zweitligisten (Dynamo Dresden) unter Vertrag steht. 

Hansa-FansIn den Augen der Verfasser häuften sich zuletzt die sportlichen Fehlentscheidungen, und man sei nicht davon überzeugt, dass in Zukunft derart eklatante Fehlentscheidungen ausbleiben werden, die die Kogge weiter hinunter in ohnehin schwierigem Fahrwasser treiben lassen. Eine Wiederholung der alten Fehler und hinzukommende neue Fehler würden an der Existenzfähigkeit des FC Hansa Rostock zehren. Und genau dies sei nach vielen herber Enttäuschungen, Provisorien, Selbstdarstellungen und Misswirtschaft nicht mehr unwidersprochen hinnehmbar. Ganz klar: Chancen und Möglichkeiten sollen in Zukunft nicht mehr vergeudet werden. Mit Mut, Tatkraft und Zusammenhalte müsse ein Neuanfang gewagt werden.

Ob es sportlich wieder ein wenig bergauf geht, wird sich am kommenden Sonntag beim Auswärtsspiel in Heidenheim und vor allen Dingen beim Heimspiel gegen den Halleschen FC am 22. September 2012 zeigen. Apropos HFC. Wer hätte es vor fünf, sechs Jahren für möglich gehalten, dass diese beiden einstigen DDR-Oberligisten im Herbst 2012 die Klingen kreuzen werden? Zu groß erschien damals die sportliche Distanz zwischen den beiden Traditionsvereinen...

Fotos: M.Bertram, Tobi Wrw., P.Schoedler

> zur turus-Fotostrecke: FC Hansa Rostock

> zum Schreiben der besorgten Fans auf hansafans.de


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