Polens untere Fußballligen: Vor Ort bei Ilanka Rzepin und Polonia Slubice

MB Updated

Ilanka RzepinGroße Augen bei den Wachleuten. Bereits eine Stunde vor Spielbeginn die mitten in einem Waldgebiet gelegene Sportanlage des polnischen Viertligisten Steinpol Ilanka Rzepin betreten? Drei Deutsche und ein Australier, die zwei Presseausweise zeigen und zwei Eintrittskarten wünschen?! Noch war der kleine Kassentisch am Zaun des kleinen Stadions Miejski nicht aufgebaut. Der Präsident persönlich kam herbei, warf gemeinsam mit zwei Polizisten einen neugierigen Blick und nickte die Angelegenheit ab. Grünes Licht für die gesamte Reisegruppe. Zeit für einen Abstecher in den Ortskern von Rzepin. In einem Laden tummelten sich die ersten lokalen Fußballfreunde. Hotdogs und gekühltes Bier. Sportlich gekleidet und gut gelaunt.

Große Augen bei den Wachleuten. Bereits eine Stunde vor Spielbeginn die mitten in einem Waldgebiet gelegene Sportanlage des polnischen Viertligisten Steinpol Ilanka Rzepin betreten? Drei Deutsche und ein Australier, die zwei Presseausweise zeigen und zwei Eintrittskarten wünschen?! Noch war der kleine Kassentisch am Zaun des kleinen Stadions Miejski nicht aufgebaut. Der Präsident persönlich kam herbei, warf gemeinsam mit zwei Polizisten einen neugierigen Blick und nickte die Angelegenheit ab. Grünes Licht für die gesamte Reisegruppe. Zeit für einen Abstecher in den Ortskern von Rzepin. In einem Laden tummelten sich die ersten lokalen Fußballfreunde. Hotdogs und gekühltes Bier. Sportlich gekleidet und gut gelaunt.

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Auf dem Programm stand die Partie gegen Lechia Zielona Góra (Grünberg). III Liga, Grupa dolnoslasko-lubuska. Ob Gästefans kommen würden, war im Vorfeld des Viertligaspiels nicht zu klären. Hoffnung bestand, denn das Stadion von Ilanka Rzepin hat einen eingezäunten Gästebereich, der wie die Haupttribüne mit weißen und blauen Sitzschalen bestückt ist. Da die polnische Polizei mit Uniform und in Zivil vor Ort war, bestand Hoffnung. Allerdings sollte sich später zeigen, dass der Gästebereich komplett verwaist blieb. Nicht ein einziger Fan von Lechia Zielona Góra war offiziell im Stadion. Dafür jedoch ein Anhänger von Pogon Szczecin (Stettin), der im zweiten Halbschnitt noch für Aufruhr und einen kleinen Polizeieinsatz sorgte sollte.

Schätzungsweise drei- bis vierhundert Zuschauer hatten sich bei angenehmen Witterungsbedingungen eingefunden, um das Spiel gegen den klaren Favoriten aus Zielona Góra zu sehen. Lechia war in die aktuelle Saison fulminant gestartet. Zuerst ein 7:1 bei Orzel Miedzrzecz, dann ein 3:1 gegen Piast Karnin. Als Tabellenführer reisten somit die Grünberger ins grenznahe Rzepin, um dort nach Möglichkeit drei weitere Punkte einzufahren. 

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Das blau-gelb gekleidete Team von Ilanka Rzepin wollte indes nicht als Punktelieferant dienen und konnte die Partie, die erst nach und nach in Fahrt kam, offen gestalten. Kaum Tormöglichkeiten während der ersten dreißig Minuten. Demzufolge herrschte auf der Tribüne eine Totenstille. Kerne wurde geknabbert, ein Bierchen getrunken. Fünf Zloty (umgerechnet etwas über einen Euro) kostete der Eintritt, ebenfalls fünf Zloty musste man für ein frischgezapftes Pils zahlen. Wer sich aus einem kühlen Blonden ein rötlich gefärbtes, fruchtiges Biermixgetränk zaubern lassen wollte, musste 0,50 Zloty für den in Polen typischen Sirup drauflegen.

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Die Reaktionen in Bezug auf die kleine deutsch-australische Reisegruppe konnten unterschiedlicher nicht sein. Sie reichten von freundlichen Gesprächen über den Fluch „Du grüne Hure!“ bis hin zur Gewaltandrohung in Form eines Faustschlages in die hohle Hand. Jeder durfte im Stadion Miejski seine eigene Erfahrung machen. Entspannt verlief der Aufenthalt für den australischen Fußballfreund, der das Bier mit Sirup genoss und eine komplette Runde im Stadion drehen durfte. 

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Dass generell Vorsicht geboten war, zeigte sich im zweiten Spielabschnitt. Das Geschehen auf dem Rasen nahm an Tempo zu, der Alkoholpegel zahlreicher jüngerer Zuschauer stieg und auch die Emotionen kamen langsam heraus. Vorbei war es mit der Totenstille. Etwas überraschend wurde es noch ein Fußballnachmittag mit recht gutem Support an dem einen Ende der Tribüne. Oberkörper frei, Arme nach oben. Auf geht´s Ilanka! Als Ilanka in der Tat mit 1:0 in Führung ging, war die Freude groß. Der Sportsfreund mit dem Pogon-Schal schien es nun wissen zu wollen und rempelte ein wenig mit den Ilanka-Jungs herum. Die schwarz gekleideten Polizisten führten ihn sogleich in Richtung Ausgang. 

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Auf dem Platz legte nun Zielona Góra ein Schippchen drauf und drängte zum Ausgleich. Zehn Minuten vor Schluss zeigte der Schiedsrichter auf den Punkt. Sollte es aus dem Spiel heraus nicht klappen, so bestand nun die Möglichkeit, mit Hilfe eines Strafstoßes das 1:1 in trockene Tücher zu bringen. Der Ilanka-Torhüter küsste kurzerhand das Netz, hielt anschließend den schlecht geschossenen Ball und wurde zum Held des Tages. Der Jubel kehrte als Echo aus dem nahen Kiefernwald zurück. Ilanka Rzepin konnte die knappe Führung über die Runden bringen und wurde anschließend von den sportlichen Fans am Rande der Tribüne mit Papierschlangen gefeiert.

Auf der Landstraße weiter ging es die 20 Kilometer nach Slubice, das an der Oder liegt und einst die Frankfurter Vorstadt war. Dank des zeitversetzten Anstoßes war es möglich, im dortigen Stadion die Fünftligapartie MKS Polonia Slubice gegen Vitrosilicon-Intra Ilowa zu besuchen. Gewiss war einem bereits vor dem Abstecher nach Slubice bekannt, dass das dortige Stadion sehenswert ist. Allerdings erscheint das Bauwerk beim Anblick mit eigenen Augen noch imposanter als es Fotos wiedergeben können. 

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Das Geschehen auf dem Rasen wurde zur reinen Nebensache. Volle Aufmerksamkeit für die Ränge des Stadions Slubickiego Osrodka Sportu u Rekeacji (SOSiR), das bis 1945 Ostmarkstadion hieß und 1927 nach langjähriger Bauzeit eingeweiht wurde. Das Stadion ist eher ein ganzer Komplex, denn direkt neben dem Hauptplatz befindet sich auch noch ein großes Freiluftschwimmbecken. Kolossal wirken die breiten Ränge und vor allem die Bauten hinter dem einen Tor. Bögen, Treppen, Nischen und Emporen. Ein Bauwerk wie aus der Antike. 

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Nach dem Zweiten Weltkrieg lag das Stadion mehr oder weniger 20 Jahre lang brach, erst 1966 wurden erste Sanierungsarbeiten begonnen. Ernsthaft instandgesetzt wurde es jedoch erst Ende der 1970er Jahre. Komplett modernisiert wurde es dann noch einmal ab 2003 im Rahmen eines gemeinsames Programm der Städte Frankfurt/Oder und Slubice. Das Ergebnis kann sich sehen lassen. Bei einem Besuch eines Heimspiels von Polonia Slubice ist es möglich sämtliche Tribünen zu besichtigen. Auf dem neuesten Stand der Dinge ist auch der Gästebereich, der mit modernen Kameras komplett überwacht werden kann. 

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Gegen Vitrosilicon-Intra Ilowa war dieser Gästeblock menschenleer, und auch im Allgemeinen werden die Heimspiele des MKS Polonia Slubice von nicht mehr als 150 Fußballfreunden besucht. Allerdings zeigte sich Polonia Slubice zuletzt motiviert und verpasste den Aufstieg denkbar knapp. Nach dem gestrigen 5:2-Sieg gegen Ilowa befindet sich Slubice in der IV Liga Grupa lubuska mit sauberer Weste auf dem Platz an der Sonne. Erfolgt am Ende der Saison der ersehnte Aufstieg, so würde das Duell gegen den Nachbarn Ilanka Rzepin auf dem Programm stehen. Gut möglich, dass dann endlich einmal der Gästeblock (falls es Polizei und Behörden erlauben) gefüllt sein wird. 

Fotos: Marco Bertram

> zur turus-Fotostrecke: Impressionen vom polnischen Fußball

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