CDU-Wahlkampf in Berlin-Mitte: Deutliche Worte von Henkel und Merkel

MB Updated
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MerkelFriedrichstraße Ecke Zimmerstraße. Direkt am ehemaligen Checkpoint Charlie, der einst ein Symbol der Teilung Berlins und ganz Deutschlands war, wurde eine große Bühne aufgebaut. Showtime für den Berliner Spitzenkandidaten Frank Henkel und die Kanzlerin Angela Merkel sowie die Kandidaten der Wahlkreise in Berlin Mitte. Es wurde nicht an kritischen Worten gespart, phasenweise wurde das Ganze zu einer markigen Predigt, die manch einem Angst machen könnte. Feuer frei in Richtung Berliner Senat und die Androhung einer Null-Toleranz-Politik in Richtung Krimineller und Integrations-Verweigerer.

Das Areal rings um die aufgebaute Bühne glich einem Hochsicherheitstrakt. Als Pressevertreter musste am Einlass der Presseausweis abgegeben werden, damit von der Polizei die Daten überprüft werden konnten. Ein rascher technischer Test der Fotokamera und des Laptops, anschließend bekamen Geräte und Tasche ein orangefarbenes Bändchen. Gut abgesichert war auch der Zuschauerbereich. Potentielle Störenfriede hatten keine Chance, in den Bereich vor der Bühne zu gelangen. Vor Ort waren dementsprechend fast nur Freunde und Mitglieder der CDU.

Nach einem musikalischen Rock´n-Roll-Auftakt einer Band fand gegen 16:30 Uhr eine Gesprächsrunde mit den Kandidaten der einzelnen Wahlkreise des Bezirks Mitte statt. Kerstin Neumann aus dem Wahlkreis Pankstraße war die erste, die zu ihren Zielen befragt wurde. Wirtschaft und Arbeit seien ihre Aufgabenfelder und der Spruch „Arm, aber sexy“ sei kein guter Slogan. Die Wirtschaft müsse gestützt werden. Die Menschen müssen bei der Existenzgründung flankiert und begleitet werden. Dies sei besonders im Wedding nötig, wo es viele Probleme gebe.
Dominique Vollmer aus dem Wahlkreis Museumsinsel / Friedrichstraße erklärte, dass dort nicht nur Champagner getrunken werde. Durchaus gebe es auch dort viel zu tun. Denke man doch an den Alexanderplatz und die Leipziger Straße. Dort müssen zum Beispiel neue Radwege entstehen. Diese Gegend könne nicht nur von den Touristen leben. Schlecht sei teilweise die Infrastruktur, so zum Beispiel im Nikolaiviertel.

Dr. Ira Rückert tritt für die CDU in einem Wahlkreis an, der sich in „Ost und West“ befindet. Angefangen von der Bernauer Straße bis hin zum Rosenthaler Platz. Ein echter Spannungsbogen. Rückert möchte auf 100 Prozent Dialog setzen, dabei seien Hausbesuche wichtig. Ein Vorteil seien ihre guten Fremdsprachenkenntnisse. Bildung, mehr Lehrer, bessere Ausstattung, Deutschunterricht in der Kita, zweisprachige Lehrer – das sind ihre klaren Forderungen.
Zurück in der Politik ist Volker Liepelt, der bereits zahlreiche Jahre im Berliner Abgeordnetenhaus gesessen hatte. Markige Worte vom alten Polithasen. „Komm lass uns handeln!“ Die Vermüllung müsse gestoppt werden. Den Berlinern ihre Stadt zurück. Ehrenamtliche Tätigkeiten müssen belohnt werden. Im Kiez von Moabit nördlich der Turmstraße müsse die Qualität gesteigert werden, Einkaufsstraßen müssen gefördert werden, für den Mittelstand müsse mehr getan werden. Zudem müsse die Jugend auf ihre Arbeitsplätze vorbereitet werden. Die Qualifizierung müsse an den Schulen frühzeitiger angepackt werden, so Liepelt.

Zu Wort kam auch Carsten Spallek, der als Spitzenkandidat für die Bezirkswahlen ins Rennen geht. Spallak wolle ran, so richtig angreifen. Bisher sei nämlich nichts passiert. In Sachen Integration zum Beispiel, so Spallek. Er wolle richtig Politik machen für Berlin Mitte, kein „Larifari“. Eine ruhige oder ruhende Hand sei nicht nötig, es müsse angepackt werden, damit die Wirtschaft sich wohl fühle. Zudem müsse der Ruf von Moabit und Wedding besser werden. Ob es eine Wunschzielgemeinschaft auf Bezirksebene gebe, wurde Carsten Spallek gefragt. Ganz klar, die CDU müsse stärkste Fraktion werden. Für Gespräche sei er dann jederzeit bereit.

Als Zwischenprogramm war noch etwas Live-Musik geplant, doch die Technik machte einen Strich durch die Rechnung. Funkwellen der Mikros brachten die Lautsprecher zum Dröhnen. Vorbei mit der Musik. Als nächster Gesprächsgast kam Lothar de Maizière, erster und zugleich letzter frei gewählter Ministerpräsident der DDR, auf die Bühne. Mit moderaten Worten lobte er die Rolle der Allianz für Deutschland in der Zeit kurz vor der deutschen Wiedervereinigung. Ein paar Worte zum Euro und lobende Worte für die Bundeskanzlerin, die in der schwierigen Lage einen guten Job mache. Für Lothar de Maizière sei es ein bedrohliches Zeichen, dass die Linken immer noch so stark sind, denn er habe keine Lust auf eine erneute Suche zum Weg zum Kommunismus. Kritik übte er auch an dem Brief der Linken an Fidel Castro.

Musik vom Band. Der CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel und die Bundeskanzlerin Angela Merkel betraten die Bühne. Nach einem Grußwort durfte zuerst Frank Henkel seine Rede halten. Zuerst ein Gedenken an die Opfer und all die Tragödien während der deutschen Teilung. Mauer, Stacheldraht, Unfreiheit und sozialistische Diktatur. Recht fix kam Frank Henkel auf Betriebstemperatur. Er sei stolz darauf, hier im Herzen der Stadt zu stehen. Er sei stolz auf dieses neue Berlin. Es müsse eine Politik für die ganze Stadt gemacht werden, für Berlin, das wir alle doch so sehr lieben. Henkel warnte im gleichen Atemzug vor den Spaltern, die wieder einen Keil reintreiben wollen.

Ein Dank an Angela Merkel. Respekt für ihre Arbeit, die derzeit nicht zu beneiden sei. Man brauche sie als Kanzlerin, die klar ihren Kurs hält. Ein leichtes Lächeln auf den Lippen der sehr müde wirkenden Merkel. Weiter ging es im Text. Rot-Rot zeige ganz deutlich, dass mit diesem Senat griechische Verhältnisse auch in Berlin möglich seien. Bemerkenswert sei zudem das TV-Duell Klaus Wowereit – Renate Künast gewesen. Eine Selbstdemontage von Künast. Man müsse fast Mitleid haben. Es zeige sich ganz deutlich, dass die CDU die einzige Alternative sei.
Leichtes Murmeln bei manchen Medienvertretern. „Die Berliner CDU, ein einziger Trümmerhaufen“, flüsterte ein Mann.
Kampf bis zum 18. September, so Frank Henkel. Zu lange gab es den rot-roten Senat. An vielen Stellen der Stadt kippe der Kiez. Düstere Szenarien wurden nun heraufbeschworen. Weltuntergangsstimmung bei trübem Herbstwetter. Henkel wolle sich um alle kümmern. Um die Polizei, um die Busfahrer, um die Müllmänner, die alle hervorragende Arbeit für die Stadt leisten. Und apropos, Frank Henkel sei ganz klar gegen die Kennzeichnungspflicht der Berliner Polizisten. Er habe volles Vertrauen zu den Beamten und vermute nicht hinter jeder Uniform einen potentiellen Schläger.

Nun ging es Schlag auf Schlag. Für mehr Polizei, gegen Schmutz und Kriminalität. Das roch nach Großreinemachen, das in den 90er Jahren einst vom Berliner Innensenator Jörg Schönbohm stets propagiert wurde. Gut an kam das damals bei vielen Berliner nicht wirklich. Egal, Spitzenkandidat Frank Henkel setzt – ganz im Gegensatz zu Bürgermeister Klaus Wowereit – auf harte Worte. Ruhe an den Schulen müsse einkehren. Ein klares Bekenntnis für die Gymnasien. Der Glaube an ein starkes Berlin...

Nun kam die Kanzlerin zu Wort. Erinnerung an die Zeit der Teilung. Erinnerungen an den so genannten Tränenpalast. Die Luftbrücke. Die heilenden Wunden. Den Berlinern empfiehlt sie, einmal die Gedenkstätte Hohenschönhausen zu besuchen, die es so ohne Bundesmittel gar nicht mehr geben würde.
Nach der Einleitung kam auch Angela Merkel zur Sache. Die Müdigkeit verflog. Die Powerfrau der CDU redete sich in Fahrt. Dampf im Kessel. Die Stadt müsse besser regiert werden. Die Finger müssen in die Wunden gelegt werden. Was muss sich in Berlin ändern? Die CDU habe 100 Gründe. Jeder Stadtteil habe eigene Probleme. Warum sei Berlin die Hauptstadt der Kinderarmut, fragte Merkel. Weshalb habe Berlin das schlechteste Bildungssystem? Warum sei die Arbeitslosigkeit so hoch? Mehr Ernsthaftigkeit sei erforderlich.

„Das muss sich ändern!“ Immer wieder dieser Slogan. „Wir brauchen keine x-beliebige Integration!“ Wer nicht deutsch lernen will und nicht gewillt sei, sich einzugliedern, dem müsse „man auf die Sprünge helfen“. Jeder müsse gleiche Chancen haben. Stichwort innere Sicherheit. „Wir sind ein Rechtsstaat! Provozierendes Parken? Wo kommen wir denn da hin?“, so die Kanzlerin.
Man müsse von New York lernen! Null Toleranz! Ein ordentliches Bestrafen der Täter! Zudem sei Rot-Rot nicht für Berlin würdig. Berlin habe 63 Milliarden Euro Schulden. Man müsse auch mal Schulden abbauen! Zudem sei auch Berlin ein Bestandteil eines gemeinsamen Hauses Europa. Gegen Eurobonds, gegen eine Schuldenunion. Merkels Rede wurde zum Rundumschlag. Den Euro in die Zukunft bringen. Prinzipien deutlich machen. Berlin müsse Verantwortung tragen. Es sei wichtig zur Wahl zu gehen. Freundliche Gedanken allein zählen nicht. CDU wählen!

Zum Abschluss noch das „Lied der Deutschen“ und dann war die Veranstaltung beendet. Sicherlich waren einige wahre Worte dabei, doch fehlte ein wenig die Herzlichkeit. Kamen beide Reden zu hart und mit zu erhobenem Zeigefinger rüber. Im Vergleich zum herzlichen Wahlkampfauftritt von Klaus Wowereit im Kiez von Neukölln war die heutige CDU-Veranstaltung ein harter Brocken, an dem man hart zu kauen und schlucken hatte. Frank Henkel und die Berliner CDU werden es schwer haben. Den Berliner Bankenskandal, der 2001 zum Sturz von Eberhard Diepgen führte, haben viele Bürger noch im Hinterkopf. Zudem haben die meisten Berliner keine Lust auf drohende Worte und erhobene Zeigerfinger. Ein New Yorker Modell? Zero Tolerance? Das klingt in den Ohren vieler Berliner eher abschreckend. Politisch mag Frank Henkel ein fähiger Mann sein, doch ob es am 18. September 2011 bei der Wahl reichen wird, ist mehr als fraglich.

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